zur Erinnerung

Abschied ist ein leises Wort

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Nachruf auf den großen Schauspieler Michael Gwisdek * 14. Januar 1942 in Berlin-Weißensee;
† 22. September 2020
( 78 Jahre )
Dieser unbedingte Hang zur Ehrlichkeit Er war ein Volksschauspieler, er lachte und er rieb sich. In zwei Systemen ist Michael Gwisdek angeeckt, hat aber auch mit seinem Talent und Witz beglückt. Erinnerungen an einen genialischen Narren.

Gwisdek wurde 1942 in Berlin-Weißensee geboren. Obwohl er schon als Schüler Schauspieler werden wollte, absolviert er auf Wunsch seiner Eltern zunächst eine Ausbildung als Dekorateur und Gebrauchswerber und arbeitete in diversen Jobs. Erste Theatererfahrungen sammelte er am Arbeitertheater Friedrichshain und durch ein Regie-Fernstudium am Theaterinstitut Leipzig, ehe er sich an der Staatlichen Schauspielschule Berlin bewarb. "Schon vor dem Mauerbau bin ich mit meiner Mutter ins Kino gegangen und habe alle James-Dean- und Horst-Buchholz-Filme gesehen. Die waren meine Vorbilder", sagte er in einem SPIEGEL-Interview.

"Die DDR war einfach eine gute Handwerksschmiede"

Volksschauspieler Michael Gwisdek (in "Hölle im Kopf", 2005)
Foto: ddp images

Nach mehrmaligen Vorsprechen wurde Gwisdek schließlich zum Schauspielstudium zugelassen. "Wir arbeiteten damals sehr stark nach Methoden, nahmen uns Stanislawski vor und koppelten ihn mit Brecht. Die DDR war einfach eine gute Handwerksschmiede", sagte er über diese Zeit. Anschließend war Gwisdek auf verschiedenen Bühnen der DDR zu sehen, er spielte etwa am Städtischen Theater Karl-Marx-Stadt und an der Volksbühne Berlin.

Neben der Theatertätigkeit wirkte Gwisdek auch in vielen Filmen mit - zum Beispiel in "Spur des Falken" und in "Mann gegen Mann". Für die Darstellung des Profiboxers Henry Wolters in dem Film "Olle Henry" wurde Gwisdek der DDR-Kritikerpreis "Große Klappe" verliehen. Sein Regiedebüt "Treffen in Travers" lief 1988 als erster DDR-Film auf dem Filmfestival in Cannes.

Viele Jahre war Gwisdek mit der Schauspielerin Corinna Harfouch zusammen. Sohn Robert wurde ebenfalls Schauspieler, Sohn Johannes Komponist. Später lebte Gwisdek mit seiner Frau, der Drehbuchautorin und Schriftstellerin Gabriela Gwisdek, auf dem Land vor den Toren Berlins.

Ein Nachruf von Leander Haußmann

23.09.2020, 18.13 Uhr

Michael Gwsidek: So war sein Leben

Michael Gwisdek mit "Lola", 2013
Foto: Franziska Krug / Getty Images

Es ist schrecklich, eine Zumutung, eigentlich nicht hinnehmbar. Der Tod und Michael Gwisdek, das passt nicht zusammen. Gwisdek, der sich sein Leben lang mit dem Komischen auseinandersetzte, der sich für keine Pointe zu schade war. Wo soll jetzt die Pointe sein?

Michael war ein Haudegen der deutschen Filmszene. Seine Domäne war das Komische, er fand es oft im Tragischen. Er war ein Narr. So sah er sich. In allem. Den Schnittplatz, das Kino, dass er sich in seinem Haus eingerichtet hatte, die Koikarpfen im Gartenteich, die Schauspielkunst - in alles war er vernarrt. Ein Filmnarr, ein Gartennarr, ein ...Narr.

Im Leben, beim Schreiben, beim Spielen hatte er einen unbedingten Hang zur Ehrlichkeit, der fast schon tourettehafte Züge annahm. Dieser Hang zum Hofnarrentum hat ihn so manchmal in seiner Existenz bedroht. Er brachte es auf schwarze Listen im Osten, schwarze Listen im Westen, keine schadete ihm. Er brachte das Kunststück fertig, sich in beiden Systemen sowohl beliebt als auch unbeliebt zu machen. Man liebte ihn trotzdem weiter. Man konnte ihm nichts übel nehmen.

Sein Witz machte keinen Halt vor irgendwelcher Ideologie. Er lachte, und er rieb sich.

Bescheiden war er. Schnell war er. Und ein Freund war er. Ein großer Westernfan, der immer einen Western drehen wollte. Deshalb ließ er sich zu DDR-Zeiten zwei Kinderpistolen mit Blei vollgießen, um das Gunslingern perfekt zu beherrschen. Die Defa-Verantwortlichen belehrte er als junger Darsteller in einem Indianerfilm, wie ein Gunfighter richtig schießt. Nun ist er tatsächlich auf sein Pferd gestiegen und in den Sonnenuntergang geritten.

Er hat kein großes Gewese gemacht um sein Talent, das mitunter ans Genialische reichte. (Ich höre ihn lachen: "Ans Genialische? Nu is gut!") Er war ein Volksschauspieler, angelangt am größten zu erreichenden Ziel.

Und jetzt soll Gwisdek plötzlich keine Witze mehr machen? Keine Filme mehr mit, von ihm? Er ist nicht mehr da, die Reihen lichten sich. Und weit und breit keiner, der die Lücke füllt. Kein Witz, keine Pointe.


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© infos-sachsen / letzte Änderung: - 17.07.2023 - 09:04